Glossar

Gegenbild-Prinzip

Dieses bezeichnet eine radikal-subjektive Methode des Verstehens, die darauf beruht, dass ich eine durch einen Sinneseindruck hervorgerufene Vorstellung daraufhin befrage, wie auf der nichtsinnlichen, unsichtbaren Seite ihr Gegenteil aussieht beziehungsweise welche Vorstellung sich komplementär zu ihr, sie ergänzend, in meinem Geiste bildet. So kann ich eine Wahrnehmung, die zunächst in meiner Vorstellungswelt keinen Sinn ergibt, dadurch, dass ich ihr bewusst ein selbsterzeugtes Bild entgegenstelle, in den Zustand der Bedeutung versetzen, das heisst kann jede Vorstellung eingliedern in den Sinnzusammenhang, in welchen mein Verstand schon alles das verwandelt hat, was ihm bisher an Welt begegnet ist. Eine Vorgehensweise, die gerade in der Erforschung der Real-Technik, bei der man es dauernd mit rätselhaften neuen Phänomenen zu tun hat, hilfreich ist; Übung vorausgesetzt natürlich (wofür sich als besonders geeignet die Auseinandersetzung mit Werken der abstrakten Kunst empfiehlt).

 


 

Exoot


Abgeleitet von zoot, einer Verballhornung von suit. Ein Anzug, der bei Afro-, Hispano- und Italo-Amerikanern in den USA der 1930er und 1940er Jahren in Mode war; mit stark wattierten Schultern und zu den Schuhen hin eng zulaufenden Hosen; eine Form, die subversiv den klassischen Anzug als die Uniform der herrschenden Klasse karikierte, indem ihr Träger damit quasi eine umgekehrte Pyramide zeigte. Nicht zufällig also, dass zoots auch bei prominenten Gangstern wie Al Capone beliebt waren.

Der Exoot ist im Gegensatz zum zoot gerade auf Unauffälligkeit angelegt. Daher ist so ein Anzug das erste, worauf „Emigranten“ aus sind (so nennt man die Neulinge im Service of Intelligence). Man kann ihn allerdings nur erben, das heisst muss warten, bis einer frei wird; denn die weltweit vorhandenen Exoots sind ihrer Anzahl nach begrenzt. Und so ein Exemplar erwirbt man nicht, sondern man tauscht ihn gegen genau den persönlichen Gegenstand ein, der einem der wertvollste ist.

Nicht nur ist der Exoot aus selbstreinigendem und regenerativem Material; nicht nur ist er thermoaktiv, wärmend bei Kälte, sowie kühlend bei Hitze; er kann ausserdem „lernen“. Jeder Träger erwirbt sich im Laufe der Zeit, durch Üben, diejenige Eigenschaft bzw. Fähigkeit, an dem es dem Anzug seiner Meinung nach mangelt und die er zur Vervollkommnung unbedingt bräuchte, und diese erworbene Eigenschaft oder Fähigkeit überträgt sich auf den Exoot, sodass sie dessen nächster Träger zur Verfügung hat.

Wer seinen Exoot aufgibt, der braucht ihn nicht mehr; oder findet, dass jemand anderer ihn dringender bräuchte. Der hat sich all die praktischen Eigenschaften des Anzugs zu Tugenden gemacht; hat sich dadurch gewandelt, ist ein anderer geworden; ist nicht mehr abhängig von magischen Objekten und Zauberei. Kurz, wer den Exoot nicht mehr braucht, der hat die Mo-Technik verstanden, sie verinnerlicht, und hat damit das Stadium des „Emigranten“ (seine Zeit als Lehrling im Service of Intelligence) hinter sich.

 


 

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Der Autor

Matthias Scheel, geboren 1961 in Ostwestfalen, lebt seit 1999 in Freiburg im Breisgau

Werdegang:

  • Waldorfschüler
  • Kriegsdienstverweigerer
  • Bergsteiger
  • Student
  • Tierschutz-Aktivist
  • Möbelpacker
  • Handlanger beim Film
  • Paketzusteller
  • Schriftsteller
  • Kellner
  • Nachtportier
  • Touristenführer
  • Chauffeur
  • Schüler der Snowlion School
  • Seit 2004 Massage-Therapeut

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